1. Tag Gotthardpass zur Reuss Quelle (3. Etappe 4 Quellen Weg)
Freitagmorgen, 15. Juli 2016, 10.00 Uhr auf dem "Ghost"hard. In einer gespenstischen Umgebung lauschen 17 SAC-Mitglieder den Informationen des Tourenleiters Toni Schmid.
Auf dem nebelverhangenen Gotthard-Hospiz wirken die geschlossenen Souvenir und –Verpflegungsstände wie eine Geisterstadt. Wo sich sonst zu dieser Jahreszeit auf den Parkplätzen Auto an Auto, Car an Car und Motorrad an Motorrad reihen und ein emsiges, internationales Treiben herrscht, ist nur gähnende Leere auszumachen.
Eine halbe Stunde früher sind 16 Wanderlustige aus dem Oberaargau dem Postauto entstiegen, sehnlichst erwartet von den bereits am Vortag angereisten Vreni G. und Margrit G.
Auf dem Übersichtsplan schauen wir uns gemeinsam die Route der kommenden drei Tage an. Wir werden die Etappen 3 – 5 des 4-Quellen Wegs, also vom Gotthard- über den Nufenen- zum Furkapass wandern und den Quellen der Flüsse Ticino, Reuss und Rhone begegnen. Vor beinahe exakt einem Jahr am 11./12. Juli 2015 hat ein Teil der heutigen Gruppe die ersten 2 Etappen vom Oberalp zum Gotthard absolviert. Damals war das Wetter durchwegs sonnig und warm. Heute allerdings heisst es Mütze und Handschuhe anziehen, eine Regenhose aus den untersten Bereichen des Rucksacks hervorklauben, um dem bissigen, kalten Wind zu trotzen.
Fröstelnd, mit eingezogenem Nacken zieht die Gruppe in Schulklassengrösse dem Lago di Lucendro entlang. Im steilen Aufstieg, zuerst dem Stausee entlang dann über die Alpe di Lucendro hinauf auf den Passo di Lucendro (2'522m), kommt kaum jemand ins Schwitzen. Der Wintereinbruch Mitte Woche hat die Gipfel und Felsen überzuckert, aber auch auf den Wanderwegen liegt wieder Schnee. Ein kurzer Foto-Halt an der Reuss Quelle bevor wir steil nach Rosso di Fuori absteigen. Der hartnäckige Nebel verwehrt uns einen sicherlich imposanten Blick Richtung Airolo und die Leventina hinunter.
Bei der Mittagrast, in etwa der Streckenhälfte auf dem Weg zur Piansecco-Hütte, lässt das Wetter allmählich eine Tenue Erleichterung zu. Leichtfüssig und genussvoll lässt es sich auf dem aussichtsreichen "sentiero alto Bedretto" wandern; das Auge hüpft zwischen den Tiefblicken ins Bedrettotal, den wundervollen Lärchenwäldern und den Felsformationen des Pizzo Rotondo umher.
Um 17 Uhr nach genau 7 Stunden stehen wir ein wenig müde, aber sehr zufrieden vor der Piansecco-Hütte (1982m). An gespannte Seile gehängte farbige Wimpel erinnern an Bilder von Expeditionen in Nepal.
Vor dem Nachtessen werden eifrig am Smartphone die Wetteraussichten kontrolliert; es bleibt dabei, die beiden nächsten Tage werden strahlend schön und deutlich wärmer!!
2. Tag Capanna Piansecco – Obergestelen (4. Etappe 4 Quellenweg)
07:30 Zmorge, 08:15 Start in die 4. Etappe
Nach einem ausgiebigen Hütten-Z’Morge das Wetterkontrastprogramm zu gestern, der junge Morgen hat die gestrigen Wolken verschoben, der blaue Himmel und die ersten wärmenden Sonnenstrahlen erhellen die Stimmung. Toni erklärt das heutige Profil „ein kurzes Einlaufstück, dann ein kurzer Aufstieg und wir sind schon oben am Nufenen und von da an nur noch bergab“. Die ersten Schritte fallen noch schwer. Der gut angelegte Bergweg über die Alpe die Manió und durch lichten Föhrenbestand lässt die gestrigen Anstrengungen vergessen. Wir überqueren manchen Bergbach mit klingenden Namen – Ri del Partus oder Ri della Pecore (!)– bevor wir nach gut 1½ h zum Punkt 2002 an der Nufenstrasse kommen. Weit oben sehen wir den Kubus der neuen modernen Capanna Corno-Gries in der Sonne gleissen. In der Alpe di Cruina begegnet uns ein Etwas, das die einen als Hund, andere als Kalb oder Ziege einstufen? Von nun an geht’s bergauf! Tenü-Erleichterung, vor uns liegen 400 Höhenmeter bis zum Übergang ins Agenental. Wir halten uns rechts, links geht’s zur oben erwähnten Gries-Hütte. Fast alleine, vor uns die Beiden, die gestern mit Vreni und Margrit G. in der Hütte gejasst haben und hinter uns die beiden Frauen mit ihren 2 Hunden, die ebenfalls in der Hütte übernachtet hatten. Unser Weg führt in grossen Serpentinen nach oben, ab und zu noch ein kleines Schneefeld. Unterwegs der eifrig fotografierte Stein, der auf das Quellgebiet des Ticino hinweist. Und immer wieder Fragen an Hedi, die nun wirklich jede Pflanze kennt, wenn man sich das nur alles merken könnte, welch eine Bereicherung – nicht nur die hehren Gipfel reihum sondern auch das was vor der Nase am Boden blüht zu erkennen. Windgeschützt in einer Senke auf 2380m rasten wir ausgiebig. Nochmals ein kurzer Aufstieg und wir sind im Sattel 2446m mit einer grandiosen Rundsicht, die Rückseite der Berner Riesen, die Gruppe um das Finsteraarhorn – Erinnerung werden wach und Pläne geschmiedet. Ein kurzer Abstieg auf den Rossbode 2303m. Die, die wie wir den Tag geniessen und dazu einen Motor benötigen, jagen mehr oder weniger gekonnt durch die Kurven die Passstrasse hoch, hinter sich blauen Dunst und phonstarken Geräuschpegel, dazwischen keuchende Biker mit und ohne E-Antrieb. Unser Weg führt uns, fern der Pass-Strasse über Stocke 2230m auf schmalen Pfad hinunter zur Ladstafel 1925m mit der wunderschönen alten Steinbrücke. Von hier an mit gelben Wegweisern und entlang der Ägene zunächst durch Weiden und später durch den Blaswald nach Ulrichen. Noch immer liegt ein schuttbedeckter Schneekegel von der Lawine 2015 im Tobel. Wir widerstehen der Versuchung im Festzelt zum Dorffest halt zu machen und erreichen unser Ziel die Pension „zum Lärch“ in Obergesteln nach genau 8h. Auf der Terrasse noch ein Glas, bevor die Zimmer bezogen werden. 19:00 beim Z’Nacht an der gemeinsamen grossen Tafel lassen wir den Tag Revue passieren.
3. Tag Obergesteln – Hotel Belvédère Furka (5. Etappe 4 Quellenweg)
07:30 Z’morge, kurzer Weg zum Bahnhof, 08:33 mit Bahn und Bus nach Gletsch 1757m. 09:15 wir starten zur letzten der 5. Etappe, der Weg führt in Stufen zwischen der Dampfbahnstrecke und der Passtrasse zur Station Muttbach-Belvédère 2118m. Unten rauscht die junge Rhone, neben uns zwitschern die Vögel in der Morgensonne und im Hintergrund die Geräusche der Strasse. Noch eine Stärkungspause an der Station Muttbach, dann in engen Serpentinen über den Rossboden zur Passhöhe 2424m. Toni führt mit exakt gleichmässigen Schritten die 17 Rucksäcke folgen im gleichmässigen Abstand, es ist ruhig gewordne, nach 50‘ sind die 300Hm geschafft. Was für ein Gewusel da oben, Senioren mit ihren Oldtimer Harleys, Freaks mit glänzenden Töffs neueren Datums. Wir beeilen uns dem zu entfliehen und steigen weiter hoch, dem Höhenweg zum Belvédère folgend. Bei Galen 2473m überschreiten wir den höchsten Punkt, laufen an der Bunkeranlage vorbei, dann am Grat der freie Blick auf den Rhonegletscher, die riesige abgedeckte Fläche über der Eisgrotte und der See, alles umrahmt von den imposanten Schneegipfeln am Horizont. Noch eine Pause nahe dem Quellstein der Rhone und hinunter geht’s zum Hotel Belvédère mit den Heerscharen an Touristen (steigert des BSP!). Eine eindrückliche Busfahrt hinunter nach Andermatt beschliesst die Rundreise. Drei phantastische Wandertage, begonnen in Sturm und Schnee am Freitagmorgen, enden in der Wärme eines Sommernachmittgs. MERCI Toni, für Deine Vorbereitungen, Deine Organisation und Deine souveräne Führung der 17 Mitwanderer. Wir haben die Tour sehr genossen auch Dank Deinen detaillierten örtlichen Kenntnissen. Danke auch an den Schlussmann Urs.
Teilnehmer: Thomas Brunner, Margrit Gasser, Vreni Gehriger, Lino Giovanoli, Ursula & Peter Haas, Elisabeth & Urs Herzig, Sibylle Lanz, Christa Lehmann, Margrit Meier, Vreni Nyfeler, Maja Sägesser, Toni Schmid (Tourenleiter) Bernd Stapf, Hedi Vonarburg, Maria & Hanspeter Zeltner,
Routenprofil:
1. Tag: Gotthardpass (2044 m)-Lucendropass (2522 m)-Pianseccohütte (1982 m), 7 Std, 20 km, 900Hm
2. Tag: Pianseccohütte (1982 m)-Nufenenpass (2440 m)-Obergesteln (1355 m), 8 Std., 20 km, 860Hm
3. Tag: Gletsch (1757 m)-Furkapass (2429 m)-Hotel Belvedere (2271 m), 3 Std. 30 Min., 9 km, 830Hm
Text: Urs Herzig/Bernd Stapf
Fotos: Margrit Meier
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