In Visp treffen wir uns - Tourenleiter Samuel, Franz Josef und ich - zur gemeinsamen Weiterfahrt Richtung Sierre. Die Postautos vor dem Bahnhof Sierre stehen bereit, allerdings herrscht unter den Chauffeuren eine rege Diskussion. Es scheint, als wären sie sich nicht einig, wer zu welcher Destination fahren wird. So werden Reisende von einem Postauto ins andere gewiesen. Wir haben Glück und können bis zu unserem Ausgangsort St. Luc sitzenbleiben. Eng und in vielen Windungen geht die Strasse von Sierre (533m) hinauf nach St. Luc (1'655m). Das schmucke Dörfchen klebt am sonnigen Osthang des Val d'Anniviers und lebt ausschliesslich vom Tourismus. Ganzjährig leben hier lediglich 281 Personen.
Der Gang zur Standseilbahn nach Tignousa gibt den Blick frei auf das hoch über dem Dorf auf 2'387 m thronende Hotel Weisshorn. Das traditionsreiche Hotel ist für die Öffentlichkeit nur zu Fuss erreichbar. Erbaut im 19. Jahrhundert für die ersten englischen Bergsteiger, hat es bis heute seine Exklusivität bewahrt.
Nach einem kurzen Aufstieg von der Bergstation Tignousa erreichen wir die Bella Tola Hütte, von wo aus uns Margrit winkend empfängt. Sie ist bereits seit Dienstag in der Region unterwegs und gestern Abend zur Hütte gewandert.
In Anbetracht der unsicheren Wetterentwicklung brechen wir rasch wieder auf und steigen zu unserem ersten 3'000er auf. Das Rothorn liegt "nur" auf 2'998m doch dank der Betonplatte unter der Aussichtskanzel und unserer Körpergrösse erreichen wir die erforderliche Höhe gemäss Tourenausschreibung. Die Querung über den luftigen Grat ist problemlos und kurze Zeit später stehen wir auf (der/die?) Bella Tola, mit 3'025 ein "echter" Dreitausender. Trotz des wolkenverhangenen Himmels sind das Panorama und die Rundumsicht in die Walliser und Berner Alpen gewaltig.
Sonntagmorgen ist der Himmel stark bewölkt. Von der Aussichtsterrasse lässt sich die Vorhut des Berglaufs Sierre-Zinal erkennen. Der Berglauf gilt gemäss Ausschreibung als einer der schönsten seiner Art und überwindet auf 31 km Länge 2'200 Höhenmeter. Unser heutiges Ziel, der dritte Dreitausender Le Touno, liegt abseits der Rennstrecke. Blitz und Donner und einsetzender Regen veranlassen uns jedoch nach gut zwei Stunden unser Vorhaben abzubrechen und vorzeitig abzusteigen.
Zurück in St. Luc verpassen wir das Postauto um wenige Minuten und das nächste fährt erst in über drei Stunden! Margrit erweist sich als ambitionierte Autostopperin, statt einer Person stehen plötzlich noch drei gestandene "Mannen" mit Rucksäcken neben dem kleinen Auto. Dankbar verabschieden wir uns in Versoix von unserem Retter in der Not und erreichen im späteren Nachmittag den Oberaargau.
Herzlichen Dank unserem Tourenleiter Samuel für die schöne Gipfelwanderung im Herzen der Walliser Alpen. Wie gewohnt war die Tour bestens vorbereitet und geplant.
Text: Urs Herzig Bilder: Margrit Meier und Samuel Reusser
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